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1. Der Standard, 08.01.2025 (S. 24) | |||||||
Blau-schwarze Aussichten für den ORF FPÖ und ÖVP sind in Sachen Rundfunk ziemlich beste Freunde. Die ÖVP schlug schon vor, FM4 abzuschaffen und den Beitrag einzufrieren. Die FPÖ versprach, den ORF-Beitrag ganz abzuschaffen. |
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Es könnte rasch gehen zwischen FPÖ und ÖVP in der Medienpolitik. Vor allem die blaue und die schwarze Linie zu Österreichs größtem Medienkonzern, dem öffentlich-rechtlichen ORF, laufen schon parallel. Die FPÖ hat angekündigt, den ORF-Beitrag abzuschaffen – und wird schwer davon abzubringen sein; die ÖVP hat mit seiner Einführung 2024 gelernt, dass man sich damit keine Freunde macht. Höchstens die akute Milliardenlücke im Staatsbudget könnte eine Finanzierung des ORF daraus verzögern. Beide Parteien wollen ORF-Angebote kappen, die ÖVP etwa zuletzt FM4. Beide sind, vorsichtig formuliert, erkennbar unzufrieden mit der unabhängig-kritischen Berichterstattung des ORF. Die FPÖ hat sich ein Netzwerk eigener und ihr nahestehender Kanäle aufgebaut. Die ÖVP probiert das ebenfalls, zuletzt mit einem Kanzlerpodcast von kurzer Lebensdauer. Dass der Verfassungsgerichtshof Bestimmungen über den Stiftungsrat aufgehoben hat, bietet ihnen einen Anlass, den ORF und Führungspositionen dort umzubauen. Demontage „wie 2001“ Peter Westenthaler hat schon einmal, 2001 mit der ÖVP und einem neuen ORF-Gesetz, einen ORF-General vorzeitig abgelöst. Wie 2001 werde das auch 2025 laufen, sagt der damalige FPÖ-Klubobmann, seit ihn die FPÖ 2024 als Stiftungsrat in den ORF geschickt hat. Wie 2001 hat er viele Beschwerden über die ORF-Berichterstattung. Damals sprach die Redaktionsvertretung von einem „Interventionsbombardement“. 2019 kam der FPÖ das Ibiza-Video mit Heinz-Christian Strache dazwischen. Ein neues ORF-Gesetz war da schon fertig, das „totale Personalrochaden“ ermöglichen sollte. Über dieses Ziel chattete Strache, damals Vizekanzler und FPÖ-Chef, mit freiheitlichen Ministern. Schon in die Verhandlungen mit SPÖ und Neos ging die ÖVP mit der Idee eines Vorstands für den ORF statt heute einem Alleingeschäftsführer mit vier Direktorinnen. Personalfragen Vier Vorstandsmitglieder könnten es werden, eine oder einer weniger als derzeit. Namen kursieren längst. Sehr gut vernetzt mit der FPÖ und Stiftungsrat Westenthaler ist Kathrin Zierhut-Kunz, derzeit Co-Geschäftsführerin von ORF 3. Lisa Totzauer hat sich 2021 als ORF-Generalin beworben. Die FPÖ stimmte (mit einer Ausnahme) für sie. Derzeit ist sie Magazinchefin. Ex-ORF-Manager Thomas Prantner ist heute Berater, gut vernetzt in FPÖ und ÖVP. Er könnte künftig eine Rolle im Stiftungsrat oder in einem Vorstand spielen oder etwa auch als Staatssekretär für Medien in einer Koalition. Matthias Schrom, wegen Strache-Chats 2023 als ORF-Chefredakteur zurückgetreten, könnte auf den Küniglberg zurückkommen – wenn ihm sein neuer Job als Gesamtredaktionsleiter nicht inzwischen näher liegt. Alexander Hofer, ORF-Landesdirektor im schwarz-blauen Niederösterreich, wäre ein bürgerlicher Tipp für einen Vorstand. Die Perspektive einer FPÖ-ÖVP-Koalition regt auch Spekulationen über eine Rückkehr von Richard Grasl an. Er ist derzeit Geschäftsführer von Kurier und Mediaprint. Im ORF-Aufsichtsrat könnten FPÖ und ÖVP auf eine Zweidrittelmehrheit kommen, wenn sie die Besetzung nur verfassungskonform gestalten, aber nicht radikal verändern. ORF-Beitrag abschaffen Radikal könnten FPÖ und ÖVP die ORF-Finanzierung umbauen: Die Abschaffung des ORF-Beitrags gehört zu den Wahlversprechen mit hoher Priorität. Die ÖVP hat den Beitrag von allen mit den Grünen zwar gerade erst mit Jahresbeginn 2024 eingeführt. Eine deutliche Kürzung der Kosten pro Haushalt brachte freilich nicht den erhofften Beifall. Die FPÖ-Konzepte gehen von deutlichen Kürzungen der Mittel gegenüber dem Beitrag aus – statt derzeit 700 kursierten etwa 500 Millionen Euro. 200 Millionen Euro weniger machten nach ORF-Berechnung etwa ORF 1 unfinanzierbar – das wollte die ÖVP ohnehin schon mit ORF 3 zusammenlegen. Sie würden aber auch die Fortführung der ORF-Landesstudios infrage stellen. Das mobilisierte schon 2018 die ÖVP-Landeshauptleute gegen das damals geplante ORF-Gesetz von ÖVP und FPÖ. 2025 könnte bei der Budgetfinanzierung selbst ein blauer Finanzminister skeptisch werden: Die 18 oder mehr Milliarden tiefe Budgetlücke könnte der ORF-Finanzierung aus dem Staatsetat entgegenstehen oder sie verzögern. Die ZiB 2 berichtete am Montagabend davon, wie Linkspopulist Robert Fico den öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Slowakei auflöste und neu gründete und wie unter diesem Druck auch private Medien kritische Berichterstattung einschränkten. Bild: Neue Regierung, neues Personal für den ORF: Der Formel folgten ÖVP und FPÖ schon 2001. Bild: Foto: APA / Eva Manhart
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